Die politische Öffentlichkeit blieb Frauen bis Anfang des 20. Jahrhunderts verwehrt. Der Kampf um Wahlrecht und politische Mitbestimmung prägte die erste Frauenbewegung.
Schon 1848 gründete Karoline von Perin als Reaktion auf die „Praterschlacht“, die Niederschlagung der Wiener Arbeiterinnen-Demonstration, den „Wiener demokratischen Frauenverein“. Dieser wurde nach Niederschlagung der Revolution sofort verboten, die Mitgliedschaft in politischen Vereinen und die Teilnahme an Versammlungen war Frauen in der Folge nicht erlaubt.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts formierte sich dann die erste Frauenbewegung. Ziele waren das Recht auf Bildung und Arbeit, auf politische Betätigung, soziale Sicherheit, Frieden und das Wahlrecht. Es entstanden unter anderem der Arbeiterinnen-Bildungsverein, der Leseklub Libertas und der Allgemeine Österreichische Frauenverein. Auguste Fickert, Rosa Mayreder und Marie Lang gründeten die überparteiliche Zeitschrift „Dokumente der Frauen“, in der auch sozialistische Frauen wie Therese Schlesinger publizierten. Marianne Hainisch gründete 1902 den Dachverband „Bund österreichischer Frauenvereine“. Am ersten Internationalen Frauentag 1911 demonstrierten rund 20.000 Frauen auf der Ringstraße. All das illegal und auch häufig mit Verurteilung und Gefängnis bestraft.
Erst mit der Gründung der Republik 1918 durften Frauen wählen und sich politisch betätigen. Von 170 neuen Abgeordneten waren acht Frauen: Anna Boschek, Emmy Freundlich, Adelheid Popp, Gabriele Proft, Therese Schlesinger, Amalie Seidel, Maria Tusch und Hildegard Burjan.
Die bürgerlich-liberale Frauenbewegung kämpfte für Gleichberechtigung und Zugang zu Bildung, die Arbeiterinnenbewegung vor allem für bessere Arbeitsbedingungen. Hunger und Elend der Zwischenkriegszeit standen unglaubliche Kreativität und revolutionäre Ideen der Frauen gegenüber.
Ab 1934 dann die Zäsur: Frauen durften keine politische Funktion übernehmen, politisch exponierte Frauen und Jüdinnen wurden verfolgt. Viele leisteten Widerstand: Mit Kurierdiensten, Organisierung von Lebensmitteln oder als Mitglieder bewaffneter Einheiten gingen sie das Risiko von Zuchthaus, Konzentrationslager und Hinrichtung ein.
Ermordung und Exil bedeuteten einen herben Rückschlag, Errungenschaften und Wissen gingen verloren. Erst in den 1970er Jahren formierte sich eine neue Frauenbewegung. Johanna Dohnal wurde zu ihrer umstrittenen Leitfigur. Zunächst im Wiener Landtag, ab 1979 als Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen und 1990 als erste Frauenministerin setzte sie zahlreiche Verbesserungen für Frauen durch – im Beruf, im Familienrecht, im Kampf um Selbstbestimmung.
Nicht zuletzt durch Quotenregelungen hat sich seit den 1980er Jahren der Frauenanteil in politischen Gremien verbessert, lässt allerdings immer noch zu wünschen übrig: 2014 liegt der Frauenanteil im Nationalrat bei 32%, in der Währinger Bezirksvertretung bei 42,5% und der Anteil der Bürgermeisterinnen österreichweit bei 5%.
„Die Mehrheit des Ausschusses ging von der Erwägung aus, dass bisher in allen Staaten Europas, in denen das allgemeine Wahlrecht eingeführt wurde, die Frauen unberücksichtigt blieben und dass es sehr bedenklich wäre, gerade in Österreich im Zeitpunkte einer tiefgreifenden politischen Evolution den Versuch, die Frauen zur Teilnahme am politischen Leben heranzuziehen, zu unternehmen.“ (Begründung des Parlaments zur Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts nur für Männer, 1907)
Josefine Kurzbauer (1862-1949)
Fürsorgerin und Sozialarbeiterin, Politikerin
Josefine Kurzbauer war Sozialarbeiterin und zeitlebens caritativ tätig. Sie war Mitbegründerin der katholischen Frauenorganisation Wien und zahlreicher Wohlfahrtseinrichtungen wie des Franziska-Romana-Vereins zum Schutz von Hausangestellten oder der Mittelstandsküche Währing. Als Währingerin (sie wohnte in der Währinger Straße 145) galt ihr besonderes Engagement der „Kinderschutzstation“ in der Lacknergasse 98 (heute Caritasheim). Während des Ersten Weltkriegs leitete sie Kriegsküchen, Nähstuben und war Mitglied der Preisprüfungskommission. 1919-1923 und 1925-1927 christlichsoziale Gemeinderätin wurde sie 1924 zur Bundesfürsorgerätin ernannt.
Adelheid Popp (1869-1939)
Politikerin, Schriftstellerin
Adelheid Popp war Wegbereiterin der sozialdemokratischen Frauenbewegung. Als Arbeiterkind musste sie schon mit 10 Jahren arbeiten. In den 1880er Jahren schloss sie sich der Sozialdemokratie an und wurde Mitglied diverser Bildungsvereine. 1892-1934 war sie Redakteurin der Wiener Arbeiterinnen-Zeitung. Sie kämpfte für Dienstbotinnen und Heimarbeiterinnen, gegen Kinder- und Jugendlichenarbeit und auch gegen die Ehe als Institution zur Unterdrückung der Frauen. 1918-1923 war sie Gemeinderätin und bis 1934 Abgeordnete zum Nationalrat. Ihre Kindheitserinnerungen „Die Jugendgeschichte einer Arbeiterin“ fanden weite Verbreitung.
Grete Rehor (1910-1987)
Textilarbeiterin, Gewerkschafterin, Politikerin
Grete Rehor war zunächst Textilarbeiterin und begann 1927 mit ihrer gewerkschaftlichen Arbeit. Ihr Engagement galt vor allem der beruflichen Besserstellung und sozialen Gleichstellung der Frau. 1938 musste sie ihre Tätigkeiten einstellen. Nach dem Zweiten Weltkrieg engagierte sie sich bei der Gründung des ÖGB und wurde als erste Frau stellvertretende Gewerkschaftsvorsitzende. 1949 – 1970 war sie ÖVP-Abgeordnete im Nationalrat und wurde 1966 als erste Ministerin bestellt. Sie gründete die Frauenabteilung im Sozialministerium und setzte zahlreiche Meilensteine wie Arbeitsmarktförderungsgesetze und Arbeitszeitgesetz.
Ida Margulies (1915-2003)
Widerstandskämpferin
Ida Margulies wuchs in Not auf und musste schon früh arbeiten. Schon mit 14 trat sie in die Jugendorganisation Haschomer Hazair und 1930 in die KP ein. 1934 musste sie vor dem Faschismus flüchten – Tschechoslowakei, Schweiz und 1939 mit ihrem neugeborenen Kind nach Belgien. Ab 1940 arbeitete sie unter falscher Identität im Marineministerium in Paris, fertigte Kopien wichtiger Unterlagen für die Résistance an und organisierte gefälschte Ausweise. Sie wurde entdeckt, inhaftiert und gefoltert. Vor dem Abtransport ins KZ wurde Paris befreit, sie und ihre Familie überlebten. Nach ihrer Rückkehr arbeitete sie in der KPÖ, aus der sie aber 1968 wegen der Niederschlagung des Prager Frühlings austrat.
Eleonora Hostasch (*1944)
Gewerkschafterin, Politikerin
Eleonora Hostasch begann ihre Berufslaufbahn bei der BAWAG und war dort von 1975 bis 1994 Zentralbetriebsratsvorsitzende. 1987 wurde sie Gemeinderätin und Mitglied im Parteivorstand der SPÖ. 1989-1994 war sie Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten – bis heute als einzige Frau an der Spitze einer österreichischen Gewerkschaft. Und 1994-1997 war sie auch als erste Frau Präsidentin der Bundesarbeiterkammer. 1996-1997 und 1999-2000 war sie SPÖ-Abgeordnete im Nationalrat, 1997-2000 Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Sie schuf den nationalen Aktionsplan für Beschäftigung und setzte die erste Initiative zur sozialrechtlichen Absicherung pflegender Angehöriger.
Marie Lang (1858-1934)
Sozialarbeiterin, Frauenrechtlerin
Marie Lang wuchs in bürgerlichen Verhältnissen auf und wurde in den 1880er-Jahren zu einer führenden Vertreterin des radikalen Flügels der österreichischen Frauenbewegung. Sie war Mitbegründerin des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins und Mitherausgeberin der „Dokumente der Frauen“. Sie setzte sich vehement für die Verbesserung der rechtlichen Stellung der Frauen und der unehelichen Kinder ein, kämpfte gegen die Reglementierung der Prostitution und gegen den Lehrerinnen-Zölibat. 1901 gründete sie das Wiener Settlement zur Frauenfürsorge und -bildung.
Rosa Jochmann (1901-1994)
Gewerkschafterin, Politikerin
Rosa Jochmann arbeitete schon mit 15 Jahren in einer Süßwarenfabrik und wurde dort bald Betriebsratsvorsitzende. 1931 wurde sie Frauenzentralsekretärin in der Gewerkschaft und 1933 als Jüngste Vorstandsmitglied der sozialdemokratischen Partei. 1934 ging sie in den Untergrund, wurde 1939 verhaftet und ins KZ Ravensbrück deportiert, aus dem sie erst die russischen Truppen befreiten. 1945-1967 war sie Abgeordnete zum Nationalrat, 1959-1967 Frauenvorsitzende der SPÖ. Es war ihr immens wichtig, das Andenken an die Gräuel des Faschismus lebendig zu erhalten – als langjährige Vorsitzende des Bundes sozialistischer Freiheitskämpfer und Opfer des Faschismus und als unermüdliche Zeitzeugin bis ins hohe Alter.
Barbara Prammer (*1954)
Politikerin
Barbara Prammer wuchs in einer Bergarbeitergemeinde mit langer sozialdemokratischer Tradition auf. Das prägt ihre politische Grundhaltung bis heute. 1995-1997 war sie als Landesrätin für Wohnbau und Naturschutz erste Frau in der oberösterreichischen Landesregierung. 1997 wurde sie Frauenministerin und setzte mit der gesetzlichen Verankerung der „vollen Ausgewogenheit der Beiträge in der Ehe“ einen Meilenstein der Gleichstellungspolitik. Seit 2000 Abgeordnete, wurde Barbara Prammer 2004 Vizepräsidentin und 2006 als erste Frau Präsidentin des Nationalrats.