Die Auseinandersetzung um Bildungsmöglichkeiten war für die Frauenbewegung eine Schlüsselfrage im Kampf um Gleichberechtigung und Selbstbestimmung.
Vorurteile gegen Frauenbildung gab es genug: Mädchen wären zu oberflächlich, kleingeistig und leichtfertig, der Wunsch der Frauen zu studieren sei „hysterischer Natur“, das Frauengehirn sei zum Studieren ungeeignet, gebildete Frauen würden zum „Mannweib“.
Mit der Einführung der allgemeinen Unterrichtspflicht durch Maria Theresia 1774 war Bildung zwar nicht mehr den oberen Gesellschaftsschichten vorbehalten: Ab da besuchten alle Kinder eine sechsjährige Volksschule. Die Bildung der Mädchen beschränkte sich allerdings großteils auf Handarbeiten. Weiterführende Schulen blieben ihnen verschlossen.
Und so ging es der Frauenbewegung ab Ende des 19. Jahrhunderts neben vielen Initiativen zur Ermöglichung beruflicher Ausbildung auch um den Zugang zu höherer Bildung.
1892 gründete der Verein für erweiterte Frauenbildung das erste Mädchengymnasium. Und ab 1910 durften Mädchen auch Knabengymnasien besuchen. Allerdings nur bis zu einer Quote von 5%, und sie durften dort weder geprüft werden noch aktiv am Unterricht teilnehmen.
1897 wurden Frauen an der philosophischen Fakultät zum Studium zugelassen, 1900 an der medizinischen. Die anderen Fakultäten folgten langsam.
In der Ersten Republik wurde die entscheidende Schulreform von Otto Glöckl unter Beteiligung von Eugenie Schwarzwald und Stefanie Nauheimer umgesetzt: Jedes Kind sollte unabhängig von Geschlecht und sozialer Lage eine optimale Bildung erhalten. Von da an waren Mädchen an öffentlichen Gymnasien ohne prozentuelle Beschränkung zugelassen. 1921 wurde auch das Gymnasium Haizingergasse als „Mittelschule für Mädchen“ gegründet.
Faschismus und Nationalsozialismus reduzierten die Bildungsmöglichkeiten für Mädchen drastisch: Es gab wieder geschlechtsspezifische Lehrpläne und eine Beschränkung des Universitätszugangs für Frauen. Jüdische Kinder waren vom Unterricht ausgeschlossen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg brachte die Bildungsoffensive der 1970er Jahre den großen Fortschritt: gleiche Lehrpläne und Öffnung aller Schultypen für beide Geschlechter, Gratisschulbuch und Schülerfreifahrt, Abschaffung der Studiengebühren und Demokratisierung der Universitäten. Vor allem für Mädchen verbesserte sich damit der Zugang zu mittlerer und höherer Bildung.
Heute liegt der Frauenanteil bei Matura- und Universitätsabschlüssen bei knapp 60%. Bei den Doktoratsabschlüssen liegen nach wie vor die Männer vorne. Die Fächer- und Studienwahl folgt immer noch traditionellen Rollenbildern: In den Technik- und Ingenieurswissenschaften ist nur eine von fünf Personen weiblich, in den Sozial- und Gesundheitswissenschaften gibt es umgekehrt nur einen Mann unter fünf AbsolventInnen.
Gabriele Possanner von Ehrenthal studierte ab 1888 in Zürich Medizin; in Österreich war Frauen dies zur damaligen Zeit nicht erlaubt. Nach Abschluss kämpfte sie hartnäckig darum, auch in Wien praktizieren zu dürfen – mit zahlreichen Gesuchen an Innenminister, Unterrichtsminister, Rektoren und zuletzt den Kaiser persönlich. 1897 wurde sie, nachdem sie an der Universität Wien alle Prüfungen noch einmal ablegen musste, als erste Frau in Österreich zum Doktor der Medizin promoviert.
Stella Klein-Löw (1904-1986)
Pädagogin
Stella Klein-Löw wuchs in einer wohlhabenden jüdischen Familie auf. Schon früh war sie Mitglied der sozialistischen Arbeiterjugend und der sozialdemokratischen Partei. Nach ihrem Studium lehrte sie an verschiedenen Wiener Schulen, zuletzt an einem jüdischen Gymnasium. 1939 musste sie emigrieren, viele ihrer Familienmitglieder wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Nach ihrer Rückkehr wohnte sie in Währing – zunächst in der Erndtgasse, dann in der Paulinengasse. Sie arbeitete wieder als Lehrerin und später Direktorin eines Gymnasiums. Sie war beteiligt am Aufbau der Nachkriegs-SPÖ und prägte 1959-1970 als Nationalratsabgeordnete die Bildungspolitik ihrer Partei.
Gertrude Fröhlich-Sandner (1926-2008)
Lehrerin, Politikerin
Gertrude Fröhlich-Sandner lernte als Tochter eines Fürsorgerats schon früh die Nöte der Hilfsbedürftigen kennen. Neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin engagierte sie sich bei den Kinderfreunden und der SPÖ. 1959 wurde sie Wiener Gemeinderätin, später Stadträtin für Kultur, Schule und Sport und 1969 erste Vizebürgermeisterin. „Miteinander reden“ war ihre Devise – auch im Umgang mit 1968er- und Hausbesetzerszene. Sie gründete die „Streetworker“, schuf sozialtherapeutische Wohngemeinschaften und reformierte die städtischen Heime. 1984-1987 war sie Bundesministerin für Familie, Jugend und Konsumentenschutz. Sie wohnte in Währing.
Marianne Hainisch (1839-1936)
Frauenrechtlerin
Marianne Hainisch war Pionierin der bürgerlichen Frauenbewegung in Österreich. Um die Bildungs- und Erwerbsmöglichkeiten für Frauen zu verbessern, forderte sie 1870 die Errichtung von Mädchengymnasien und die Zulassung von Frauen zum Hochschulstudium. 1902 gründete sie den Bund österreichischer Frauenvereine, 1906 war sie im Kampf um das Frauenwahlrecht eine der Initiatorinnen des Frauenstimmrechtskomitees. Sie veröffentlichte Schriften wie „Die Brotfrage der Frau“, „Die Frage des Frauenunterrichtes“, „Ein Mutterwort über die Frauenfrage“. Auf ihre Initiative wurde 1924 der Muttertag in Österreich eingeführt.
Therese Schlesinger (1863-1940)
Frauenrechtlerin
Als Frau nicht studienberechtigt, bildete sich Therese Schlesinger im Selbststudium. Sie engagierte sich zunächst in der bürgerlichen Frauenbewegung, lernte dann bei der „Enquete zur Lage der Wiener Arbeiterinnen“ Adelheid Popp und Anna Boschek kennen und wurde Mitglied der sozialdemokratischen Partei. Sie forderte die Zulassung der Frauen zum Studium, die Verbesserung des Arbeitsschutzes und vor allem das Wahlrecht. 1919-1923 war sie eine der ersten Frauen im Nationalrat. Sie schrieb in der Arbeiterzeitung und veröffentlichte das „Handbuch der Frauenarbeit in Österreich“. 1939 musste sie emigrieren und starb im Exil.
Marie Schwarz (1852-1920)
Frauenrechtlerin
Marie Schwarz widmete ihr Leben der fortschrittlichen Entwicklung des Schulwesens. Von 1876-1920 war sie Präsidentin des Vereins für Lehrerinnen und Erzieherinnen und kämpfte beispielsweise um die Gehaltsgleichheit der Lehrerinnen mit ihren männlichen Kollegen oder die Ernennung von Frauen zu Schulleiterinnen. 1895 wurde sie selbst erste Bürgerschuldirektorin. Sie kämpfte außerdem für das Frauenwahlrecht und war Mitbegründerin des 1906 gegründeten Frauenstimmrechtskomitees.